Der Reiz des einfachen, schnellen, zugänglichen Reproduzierens
Viktoria Dietz
Integriertes Design MA
bei Prof. Tania Prill,
Prof. Kasper Andreasen
Im Kontext meiner Abschlussarbeit habe ich mich mit der obsoleten und gleichzeitig seit einigen Jahren wieder einen Hype erfahrenen Druckmaschine Risograph auseinandergesetzt – oder dem Faszinierenden, das in ihrer eigentlichen Unvollkommenheit verborgen liegt, dem Potenzial ihrer Limitation, speziell zu heutigen Zeiten… Entstanden ist eine Publikation, die ebendieses unterstützt durch Gespräche zu beleuchten sucht.
“Nowadays, the medium of the paper book printed on a Risograph is no longer chosen because it is the most simple and inexpensive means of democratic mass reproduction, but on the contrary because it embodies craftsmanship, materiality, tangibility and personal exchange. This book is a book because it’s intentionally not a web site or a blog.” – Florian Cramer, Post-Digital Writing
[Textauszug]
In seiner äußeren Erscheinung erweckt der Risograph zunächst den Eindruck eines ordinären Kopierers, doch unterscheidet er sich – bis auf in seiner einfachen Bedienbarkeit – sehr davon. Der Konstruktion und Entwicklung der Druckmaschine liegt das Schablonendruckverfahren, im Genauen der Mimeograph, als Ausgangspunkt und Inspiration zugrunde. Dieser demokratisierte in den 1950er Jahren den Druck als erster Heimdrucker, machte ihn erschwinglich und zugänglich und ließ eine unabhängige Produktion in relativ hoher Auflage und akzeptabler Qualität zu. Steht die Risographie in ihrer weiterentwickelten, aber auf der alten Technik basierenden Funktionsweise auf den Schultern der Mimeograph Revolution? Augenfällig ist die seit einigen Jahren steigende Anzahl an Messen, Publikationen und Artikeln über und um die Druckmaschine mit ganz ähnlich starken Titeln wie Magical Riso, Risomania, Risograph Renaissance, …
Die zunächst paradoxerweise im Wortursprung aus dem Japanischen mit ideal zu übersetzende Maschine zeichnet sich in ihrem Druckbild und -prozess durch Imperfektion und Limitation aus. Unregelmäßigkeiten im Bild, Versatz sowie die Verwischbarkeit der Farbe und die damit verbundenen schmutzigen Finger geben dem maschinellen Druckverfahren jedoch ein Gefühl von Handarbeit, dem Druckerzeugnis den Eindruck eines Unikats. Demgegenüber ist er jedoch mehr ein Kopierer, der in hoher Geschwindigkeit und per Knopfdruck produziert. Die intensiven, teils speziellen, fluoreszierenden Farben des „Siebdruck-Vollautomaten“ verändern den ansonsten mehr an eine billige Kopie erinnernden Druck in etwas auch heute noch Alleinstehendes, kaum mit einer anderen Drucktechnik Vergleichbares oder Nachzuahmendes.
Liegt in der Ästhetik der Drucktechnik, den Eigenheiten und Limitationen, das Alleinstellungsmerkmal, die Anziehungskraft, die die Risographie nun seit einiger Zeit insbesondere in Kreisen von Kunst und Design ausübt? Ist die Wahl der Risographie eine bewusste Entscheidung zu einem Werkzeug, das Imperfektion verspricht, und damit gegen die heutigen Möglichkeiten des Druckens? Ist es der Reiz des einfachen, schnellen, zugänglichen Reproduzierens, der damit verbundenen oder ermöglichten Selbstständigkeit und dadurch das „ideale“ Medium zum Independent Publishing?
Als für mich zu dem Zeitpunkt der Verschriftlichung logische Fortsetzung der Auseinandersetzung, entstand die Idee zu der Self Publishing-Plattform For Positioning Only, die mit den Vorteilen wie auch den Eigenheiten und Mängeln der speziellen Druckmaschine operiert und somit den Gedanken der Thesis in der Praxis weiterführt.